Karnische Alpen - Pleiten, Pech und Pannen Tour



Ein Bericht von Karsten Dahlhaus

Warum habe wir dieser Tour den Untertitel „Pleiten-, Pech- und Pannentour“ gegeben? Nun, dazu muss ich ganz an den Anfang gehen. Aber wo fängt so eine Tour an? Ist es schon die Planung, wo ich während der Terminfindung unser alljährliches Familientreffen vergessen habe? Oder beginnt so eine Tour am Anreise Tag, wo Andy beinahe ohne einen Cent in der Tasche zu haben, die Tour hätte starten müssen? Oder ist es die Anreise selbst, wo wir aufgrund des gesperrten Felbertauerntunnel einen weiten Umweg in kauf nehmen mussten? Oder beginnt die Tour doch erst, wenn man die Wanderschuhe geschnürt, man den Rucksack auf dem Rücken trägt und durch Regen und Schneeregen versucht, die erste Hütte zu erreichen?

Die Anreise – 27.06.

Zur Planungsphase zurückzukehren, wäre dann doch wohl ein wenig zu weit. Ich beginne mit der Anreise.

18:00 Uhr
Pünktlich zur vereinbarten Zeit habe ich Andy und Stefan jeweils von Zuhause abgeholt. Kaum gestartet, erzählte uns Andy von seinen Problemen kurz vor der Abreise. Ohne jetzt ins Detail gehen zu wollen: Hätte sich Andy kein Geld von seinen Schwiegereltern ausleihen können, wäre er ohne einen Cent in der Tasche in den Urlaub gestartet.

Bis kurz vor Kufstein (Österreich) verlief die Fahrt ohne weitere Vorkommnisse. Kurz vor der Grenze haben wir die Autobahn bei Kiefersfelden verlassen, um durch Kufstein zu fahren und bei einer der Tankstellen zu tanken. So haben wir es zumindest in den letzten Jahren auf dem Weg nach Sillian oder Kötschach-Mauthen gehalten. Jedoch mussten wir feststellen, dass eine Tankstelle nach der anderen, die wir passierten, geschlossen war. Schon kurz vor dem Inntaldreieck leuchtete die Tank-Warnlampe, sodass unsere Nervosität allmählich stieg. Wir hatten kaum die letzte Tankstelle passiert, als uns dann noch das Navigationssystem freundlich mittelte, aufgrund der aktuellen Verkehrslage müsse die Route neu berechnet werden. Etwas verwundert schauten wir uns an. Ein Blick in das Verkehrsinformationssystem zeigte uns dann ganz schnell den Grund. Der Felbertauerntunnel war bis Sonntag Morgen 7 Uhr gesperrt.

Uns blieb jetzt nur die Fahrt über den Brenner. Das bedeutete einiges an Autobahn-, Brücken- und Tunnelmaut, die zu entrichten sein würde.

Wir drehten also um, fuhren wieder durch Kufstein zurück, um bei Kiefersfelden erneut auf die Autobahn aufzufahren. Zum Glück lag dort direkt eine Tankstelle an der Autobahn. So konnten wir den Wagen wieder volltanken und eine Vignette für die österreichische Autobahn erstehen.

Durch den zu fahrenden Umweg hatte sich die Ankunftszeit inzwischen auf 5:40 Uhr verändert. Um kurz nach 6 Uhr sollte der Bus abfahren. Wieder stieg bei uns die Nervosität. Schaffen wir es noch rechtzeitig? Der nächste Bus würde erst nach 8 Uhr fahren. Ein Taxi wäre sehr teuer, das wussten wir noch von unserer letzten Tour. Kaum in Österreich erwartete uns die nächste Überraschung. In Österreich darf man auf der Autobahn nur 130 Km/h fahren und nachts sogar nur 110 Km/h. Mit jedem Kilometer, den wir zurücklegten, stieg die Ankunftszeit. Zwischenzeitlich waren wir bei 5:50 Uhr. Da sich Stefan noch umziehen musste, schwanden unsere Hoffnungen, den ersten Bus zu erwischen.

Bei Innsbruck wechselten wir die Autobahn in Richtung Brenner. Kurz darauf verlangte das Navigationssystem von uns, dass wir doch bitte bei der nächsten Ausfahrt die Autobahn verlassen mögen. Erneut stutzten wir. Ein Blick auf die folgenden Route zeigte uns, dass das Navigationssystem uns die italienische Autobahnmaut ersparen und über Land- und Bundesstraßen an unser Zielen führen wollte. Da wir jetzt sowieso einmal mit dem Zahlen begonnen hatten, änderten wir erneut die Navigationsparameter. Und siehe da, die Ankunftszeit veränderte sich erneut. Dieses mal zu unsere Freude. Denn nun stand dort nicht 5:50 Uhr sondern 4:50 Uhr.

4:50 Uhr
Deutlich entspannter setzten wir unsere Fahrt fort und erreichten um 4:50 Uhr auch unsere Parkplatz an der Hauptschule in St. Lorenzen im Lesachtal.

Jetzt hieß es nur noch, bei leichtem Nieselregen, auf dem Bus warten.

Der Aufstieg – 28-06.

6:00 Uhr
Der Bus brachte uns pünktlich nach Sillian, nicht zum Bahnhof, wie geplant, sondern nur bis zum Marktplatz. Dies störte uns aber nicht weiter, da man die Tour auch vom Marktplatz aus gut starten kann.

Andy brauchte auf jeden Fall einen Kaffee zum Wachwerden. Hier erlebten wir direkt die nächste Pleite. Der Bäcker öffnete erst um halb Acht. Was wäre eine Pleiten-, Pech- und Pannentour, wenn nicht auch so etwas daneben geht. Mehr oder weniger ohne Frühstück ging es dann endlich in Regenjacken an den Aufstieg.

7:00 Uhr
Kurz nach dem Marktplatz dann die Frage: Güterweg über die Leckfeldalm zur Sillianerhütte oder den Heimatweg in Richtung Helm und Sillianerhütte? Da wir den Heimatweg noch nicht kannten, entschieden wir uns für diesen Weg. Blöde Idee, bei solchen Wetterlagen sollte man auf Wegen bleiben, die man kennt. Schritt für Schritt gewinnen wir an Höhenmetern.

8:30 Uhr
Wir passierten die Forcher Kaser (1.620hm), eine kleine Hütte, die angeblich im Sommer bewirtschaftet sein soll. Da der Sommer hier oben noch auf sich warten ließ, war an eine bewirtschaftete Hütte nicht zu denken. Kurz darauf erreichen wir die gemeldete Schneefallgrenze (1700hm).

9:45 Uhr
Bei ca. 2070hm ging es dann nicht mehr weiter. Wir wussten, dass es nicht mehr viele Höhenmeter bis zum Grat sein werden, aber es war kein Weg mehr auszumachen. Ohne lange Diskussion gingen wir bis auf ca. 1.800hm zurück und bogen auf einem breiten Forstweg in Richtung Leckfeldalm ab.

11:10 Uhr
Auf der Leckfeldalm angekommen, wärmten wir uns am Kachelofen und genehmigten uns eine warme Suppe sowie das eine oder zuckerhaltige Getränk.

In einem kurzen Gespräch mit dem Hüttenwirt erzählten wir von unserem Plan, wonach wir eigentlich direkt bis zur Obstanserseehütte durchgehen wollten. Er schüttelte nur mit dem Kopf und meinte, dass dies im Moment nicht möglich sei, was uns aufgrund der Wetterlage inzwischen auch klar war. Der Plan war von uns auch schon längst verworfen worden.

12:15 Uhr
Es fällt uns schwer, den schönen warmen Kachelofen zu verlassen, aber wir wollen noch bis zur Sillianerhütte. Da zuvor ein paar Leute von der Sillianerhütte abgestiegen waren, können wir deren Spuren recht gut folgen. Nicht immer war ich mir sicher, ob wir wirklich auf dem original Weg waren, aber kontrollieren lässt sich dies aufgrund der Schneedecke nicht.

13:45 Uhr
Auf der Hütte angekommen (2447hm), machten wir uns recht schnell frisch und erholten uns von den Anstrengungen. Schon kurz nach dem Abendessen zahlten wir und legten uns schlafen, da wir mit der Anreise zum Teil über 24 Stunden auf den Beinen waren. Das ich mir am Kachelofen noch den Kopf gestoßen habe, erwähne ich nur am Rande und der Vollständigkeit halber.

Weiter oder Heimreise? - 29.06.

Sowohl vor als auch während des Abendessens diskutierten wir die ganze Zeit unsere Möglichkeiten. Der Hüttenwirt hatte uns ganz klar von einer Weiterreise über den Grat abgeraten. Eine erfahrener, fitter Bergwanderer verlief sich noch Tage zuvor auf dem Weg zur Obstarsenseehütte, da er im Schnee den Weg nicht gefunden hatte. Wir hatten uns am Abend zuvor eigentlich auch schon damit abgefunden, abzusteigen und nach hause zu fahren.

Jetzt schien aber die Sonne und alle anderen, die auf der Hütte ünernachtet hatten wollten weiter zur Obstarsenseehütte. Die einen über den Grat, die anderen wollten auf der Südtiroler Seite absteigen und dann kurz vor der Obstanserseehütte den Grat überqueren. Die letzte Variante hatte uns dann auch der Hüttenwirt empfohlen.

8:30 Uhr
Kurz entschlossen begaben wir uns dann doch zur Obstanserseehütte.

Wir verließen die Hütte und bogen links in Richtung Osten ab. Wir folgten dem Kamm einige hundert Meter, bevor es kurz vor dem Heretriegel rechts nach Südtirol in Richtung Kalmmbachalm (Rif. Malga Kalmmbach) ging.

Einige hundert Höhenmeter tiefer erreichten wir einen breiten Feldweg, der schneefrei war. Wir hätten der Tour nicht diesen Untertitel gegeben, wenn nicht auch an diesem Tag etwas passiert wäre. Durch das Schmelzwasser wurden die Holzbrücken, die auf dem Weg über den Ablaufrinnen lagen, sogar überspült. Bei einer dieser Holzbrücken rutsche ich aus und lag fast der Länge nach im Wasser. Es ist ein erfrischendes Gefühl, wenn die Hose inklusive der Unterhose schön mit kalten Bergwasser durchnässt ist.Um bei meinem Geschick nicht auch noch meine zweite Hose (die Hüttenhose) zu gefährden und weil es in der Sonne recht warm war, behielt ich die Hose zum trocknen an. Die ersten Schritte sind auf jeden Fall verdammt unangenehm.

10:20 Uhr
Wir passieren die Kalmmbachalm

11:40 Uhr
und die Alpe Neues Hüttte (Rif. Malga Nemes - 1890m).

12:30 Uhr
Mit der Hirtenhütte (1992m) begann der Aufstieg zum Kniebersattel (2325m).

13:20 Uhr
Bis hier hin wiederfuhren uns zum Glück oder vielleicht auch wundersamerweise keine weiteren Missgeschicke oder sonstige Pannen.

Wir begannen mit dem Aufstieg zum Obstarsensattel. Zu früh gefreut. Ein Schneebrett versperrt den Weg. Da es rechts recht steil hinunterging, trauen wir uns nicht so recht, dieses einfach zu queren. Kurz entschlossen klettern wir am Hang hinauf und und „umgingen“ das Schneefeld. Eine recht interessante Kletterpartie. Ich weiß nicht, ob das Queren des Schneefeldes am Ende nicht sicherer gewesen wäre.

Weiter ging es in Serpentinen den Hang hinauf, bis wir wieder vor einer riesigen weißen Fläche stehen. Wir wussten, dass wir eigentlich nur geradeaus gehen müssten, aber wohl ist uns nicht dabei. Zum Glück sahen wir von rechts Fußspuren kommen. Wir folgten diesen und stehen wenig später auf dem Grat. Es war zwar nicht der offizielle Weg, aber der Weg ist das Ziel und wir standen am Wegweiser zur Obstanserseehütte.

14:20 Uhr
Von oben können wir schon die Hütte sehen, nur wie sollten wir dort hinkommen? Angeblich brauchten wir ab hier nur noch eine halbe Stunde, aber bei den Schneeverhältnissen wollte dies keiner so recht glauben.

Drei Wege führen offiziell vom Grad zur Obstanserseehütte: einer im Osten kurz unterhalb der Pfannspitze, einer von da, wo wir standen und einer im Westen von der Sillianerhütte kommend. Wir wussten, dass eine Gruppe von der Sillianerhütte den Weg über den Grat gewählt hatte. In der Hoffnung, dass diese Gruppe schon an der Hütte war und den westlichen Abstieg genommen hat, wendeten wir uns nach links und folgten, soweit es möglich war, dem Grat. Und tatsächlich sahen wir etwas später vereinzelte Leute den westlichen Abstieg hinunter zur Obstanserseehütte gehen.

Nachdem wir einige Schneefelder durchquert hatten, trafen wir am Ende auf Fußspuren im Schnee, die uns nach unten zur Hütte führten. Leicht war der Weg nicht. Immer wieder rutschten wir aus und landeten zum Glück weich im Schnee.

15:50 Uhr
Am Ende erreichen wir heile und zum Teil mit nassen Füssen die Hütte, wo wir uns erst einmal „trockenlegten“.

Der Abend verlief soweit ganz normal. Andy hätte ganz gerne etwas mehr essen auf dem Teller gehabt und auch Stefan war nicht ganz zufrieden.

Für mich gab es leider kein Weißbier. Erst Mittwoch hätte der Hüttenwirt wieder eine neue Lieferung bekommen. Solange wollte ich dann doch nicht warten.

Im Großen und Ganzen waren wir zufrieden mit unserer Entscheidung, dass wir bis zur Obstanserseehütte gegangen sind. Für uns stand aber fest, dass wir am nächsten Tag absteigen würden. Die „kurze“ Schneetour hatte uns gereicht. Egal welchen Weg wir zur Standschützenhütte oder weiter bis zur Porzehütte hätten wählen wollen, wir hätten durch sehr viel Schnee gehen müssen. Davon hatten wir bis dahin genügend.

Abstieg und Heimreise – 30.06.

8:00 Uhr
Bei schönem Sonnenschein starteten wir mit dem Abstieg.

Auf den vereinzelten Schneefeldern, die wir überqueren mussten, rutschen wir mehr, als dass wir gingen. Die tags zuvor eingetretenen Spuren waren über Nacht wieder gefroren, was den Weg zu einer einzigen Rutschbahn machte. Auch wenn ich das eine oder andere mal ausrutschte, kamen wir doch alle heile an der Schneegrenze an.

10:05 Uhr
Schneller als oben angeschlagen erreichten wir Kartitsch.

10:50 Uhr
Von hier aus lassen wir uns mit einem Taxi zum Auto bringen.

Wir fahren zu unserem obligatorischen Duschen in einem Schwimmbad und starten unsere Heimreise.

Das Navigationssystem war dann der Meinung, dass wir noch nicht genügend Pech an diesem Tag hatten, und teilte uns dann mit, dass die Route aufgrund der Verkehrslage neu berechnet wird. Ein kurzer Blick in das Verkehrsinformationssystem bestätigte meine Vermutung, dass der Felbertauerntunnel immer noch gesperrt war. Also wurden die Parameter im Navigationssystem kurzerhand wieder angepasst und eine neue Route berechnet.

Die restliche Rückfahrt verlief dann soweit ohne Probleme.

22:50 Uhr
Pünktlich wurden alle Teilnehmer Zuhause abgeliefert und damit endete die Tour für dieses Jahr.

Fazit

Auch wenn hier viel von Pleiten, Pech und Pannen die Rede war, muss man am Ende doch festhalten, dass es eine schöne und lustige Tour war. Mal abgesehen von den Umwegen sind wir hervorragend durch den Verkehr gekommen, sowohl auf der Hinreise als auch bei der Rückreise.

Keiner von uns ist zu schaden gekommen und dank der Sonne haben wir sogar alle etwas Farbe abbekommen.

Unser Fazit ist aber, dass wir unsere Touren dann doch lieber wieder in den Zeitraum Mitte August bis Anfang September legen.

In diesem Sinne, schöne Wandergrüße

Karsten